Die Wasserverbände warnen vor der Gefahr von Erdgas-/Erdölförderung in Trinkwassergewinnungsgebieten
Trinkwasser ist eine unverzichtbare Ressource für den Menschen.
In letzter Zeit mehren sich die Ansprüche auf mögliche Nutzungsformen für die oberirdischen Flächen und den unterirdischen Raum von Trinkwassereinzugsgebieten. Die Wasserwirtschaft beobachtet dies mit Sorge, da häufig mögliche Gefahren für das Grundwasser nicht berücksichtigt werden. Bei der Nutzung der Flächen und des Untergrundes muss der Trinkwassergewinnung der Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen eingeräumt werden, weil der damit verbundene Grundwasser- und Ressourcenschutz für den Menschen von elementarer Bedeutung ist. Grundwasser ist eine der wertvollsten und sensibelsten Ressourcen, die der Mensch hat; einmal verunreinigt wird es schwer bis unmöglich das Wasser im Untergrund wieder zu reinigen bzw. es dauert lange, bis es sich wieder regeneriert hat. Der Schutz der Qualität des Trinkwassers ist eine große Herausforderung.
Nichts desto trotz steigt auch die Energienachfrage kontinuierlich. Hierunter fällt die Erdgas- und Erdölgewinnung, die im Gegensatz zum Bundesgebiet weite Teile Niedersachsens betrifft. Das Anfang 2017 in Kraft getretene „Fracking-Gesetz“, sieht ein Verbot von sogenanntem unkonventionellem Fracking bis mindestens 2021 vor. Für alle Fracking-Maßnahmen zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas wird eine verbindliche Umweltverträglichkeitsprüfung eingeführt. Auch konventionelles Fracking ist in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten sowie an Stellen zur Entnahme von Wasser zur Herstellung von Lebensmitteln verboten. Diese Regelung befürwortet die Trinkwasserbranche ausdrücklich. Die niedersächsische Landesregierung bekundet, dass der Schutz des Trinkwassers absoluten Vorrang vor wirtschaftlichenInteressen hat. Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD sieht vor, dass ein generelles Verbot des Bohrens nach Erdöl und Erdgas in Wasserschutzgebieten in sämtlichen Schutzzonen in die „Verordnung über Schutzbestimmungen in Wasserschutzgebieten“ aufgenommen werden soll. Die Trinkwasserbranche begrüßt diese Position der niedersächsischen Landesregierung.
Die genauen Risiken der Erdgas-/Erdölförderung sind derzeit und auch zukünftig nicht kalkulierbar.
Selbst umfangreiche geologische Voruntersuchungen zur Bewertung der Risiken können bisher nur zu punktuellen Erkenntnissenführen, da die geologischen Verhältnisse sehr heterogen sind. Dieses Gefahrenpotenzial ist bei einer Genehmigung zu berücksichtigen. Es gelten die Grundsätze des Wasserhaushaltsgesetzes, wonach das Grundwasser vor nachteiligen Auswirkungen zu schützen ist. Auch in § 2 Abs. 2 S. 6 ROG wird explizit im Grundsatz der Raumordnung aufgeführt, dass Grundwasservorkommen zu schützen sind. In sensiblen Gebieten wie Trinkwassergewinnungsgebieten sind derartige Risiken somit unbedingt zu vermeiden.
Auch künftige Generationen sollen auf ebenso sauberes Trinkwasser vertrauen können, wie es für uns heute selbstverständlich ist. Die Trinkwasserbranche fordert daher, dieses Gefahrenpotenzial ernst zu nehmen und umsichtig zu handeln. Bei der Erdgas-/Erdölgewinnung sind Umweltbeeinträchtigungen während der Vorbereitungsphase, der Bohrungsphase sowie während des Betriebs auch bei Einhaltung hoher Sicherheitsstandards nicht sicher ausgeschlossen werden. Sie reichen von Lärmbelästigungen und Flächenverbrauch über Schadstoffemissionen bis zur Verunreinigung und infolgedessen Nichtnutzbarkeit von Grund- und Trinkwasser. Dabei zu betrachten sind jeweils die einzelnen Bohrungen, die Summenwirkung vieler Bohrungen in einem Gewinnungsgebiet, die Langzeitsicherheit eines Fördergebietes (auch übermehrere Generationen hinaus) sowie möglicherweise auftretende Störfälle.
Die unkalkulierbaren Risiken sind:
- Niederbringen von Aufsuchungs- und Produktionsbohrungendurch die Verletzung grundwasserführender Schichten.
- Während des Bohrbetriebes werden u. a. wassergefährdendeStoffe eingesetzt. Chemikalien in Bohrspülungen, in Frackflüssigkeiten, aber auch die aus den Bohrungenzurückgeförderten Flüssigkeiten (u. a. Lagerstättenwasser, Flow-back) stellen ein Gefährdungspotenzial für das Grundwasser dar. Es handelt sich dabei um stark salzhaltige Lösungen mit gewissen Mengen an Kohlenwasserstoffen sowie natürlichen radioaktiven Stoffen (NORM). Unter anderem findet man auch Quecksilber als natürliches Beiprodukt im Erdgas.
- Gefährdungen treten aber nicht nur im Bereich von Bohr- und Förderplätzen auf, sondern sie entstehen auch in deren Umfeld. Die Entsorgung von Lagerstättenwasser und Bohrschlämmen über Leitungen/Tankkraftwagen führt zu Gefährdungen im weiten Umkreis der Bohrungen.
- Untertage können Leckagen/Undichtigkeiten an Produktionsbohrungen zu einem Austritt von Lagerstättenwasser, Frack-Fluiden und/oder Bohrspülungen in den Grundwasserleiter führen. Auch ist denkbar, dass die Flüssigkeiten aufgrund natürlicher Wegsamkeiten (Störungen im Gebirgsaufbau) oder technisch geschaffener Störungen (Risse durch Fracking, unzureichend abgedichtete Bohrungen, nicht mehr intakte Bohrlochabdichtungen an Altbohrungen) in grundwasserführende Schichten gelangen.
- Das angefallene Lagerstättenwasser oder Flow-back (Gemisch aus Lagerstättenwasser und Frack-Fluid) wird bislang überDisposal-/Altbohrungen in ehemaligen Gas-und Öllagerstätten entsorgt, was weitere Risiken mit sich nachziehen kann (z. B. Verdrängung von Formationswässern).
Die Schlussfolgerung und die gesamte Stellungnahme für den Fachkreis Erdgas/Erdöl beim MU zur Vorbereitung auf den Umweltausschuss am 27.05.2019 können Sie sich unter folgendem Link herunterladen: